Natura 2000 Vertragsnaturschutzprogramm
Vertraglicher Naturschutz
Als erster Ansatz des vertraglichen Schutzes sind folgende Programme zu nennen: das Biotoperhaltungs-Programm (BEP; seit 1988 laufend), das BIOSA-Programm (seit 1998 laufend) und das ÖPUL-Naturschutzmaßnahmen-Programm (seit 1995 laufend; wird von der EU kofinanziert).
Die oben genannten Vertragsnaturschutzinstrumente werden im gesamten Land Steiermark flächendeckend angeboten (mit Ausnahme der WS und NP-Maßnahmen im ÖPUL-Programm) und sind daher generelle Programme zur Erhaltung ökologisch wertvoller Wiesen (BEP), landwirtschaftlicher Nutzflächen (ÖPUL) und Waldgrundstücke (BIOSA).
Im Gegensatz dazu versteht sich das Natura 2000 Vertragsnaturschutzprogramm als Spezialprogramm, welches sich lediglich auf die steirischen Europaschutzgebiete und deren EU-Schutzgüter (Tiere, Pflanzen, Lebensräume) bezieht. Um einen günstigen Erhaltungszustand der einzelnen EU-Schutzgüter gewährleisten zu können, ist die Formulierung gezielter Auflagen notwendig, welche nicht immer in eines der bestehenden Vertragsnaturschutzprogramme implementiert werden können. Aus diesem Grunde sollte ein eigenes Natura 2000 Vertragsnaturschutzprogramm zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie in der Steiermark geschaffen werden.
Inhaltlicher und räumlicher Einsatzbereich
Der inhaltliche Einsatzbereich des Natura 2000-Vertragsnaturschutzprogrammes beschränkt sich lediglich auf zu setzende Maßnahmen oder den Nutzungsverzicht, die notwendig sind, um einerseits den günstigen Erhaltungszustand von Lebensräumen nach Anhang I sowie Tieren und Pflanzen nach Anhang II der FFH-Richtlinie zu gewährleisten bzw. zu entwickeln und andererseits, um das Überleben und die Vermehrung von Vogelarten nach Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.
Der räumliche Einsatzbereich des Natura 2000-Vertragsnaturschutzprogrammes beschränkt sich auf die Europaschutzgebiete des Landes Steiermark sowie, bei naturschutzfachlicher Notwendigkeit, auf die direkten Grenzbereiche der Europaschutzgebiete.
Es ist daher vorgesehen folgende Flächenarten in das Natura 2000-Vertragsnaturschutzprogramm aufzunehmen:
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Flächen, für die im Rahmen einer Europaschutzgebiet-Managementplanerstellung, Maßnahmen oder ein Nutzungsverzicht zur Erhaltung, Entwicklung, Verbesserung oder Wiederherstellung von EU-Schutzgütern vorgeschlagen wurden.
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Flächen, welche von Grundeigentümern gemeldet bzw. beantragt werden, wenn sich ihre EU-naturschutzrelevante Wertigkeit von den Naturschutzbeauftragten oder externen Gutachtern feststellen lässt (z.B. bei Nichtvorhandensein von Managementplänen)
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Flächen, die von Grundzusammenlegungen oder anderen Projekten innerhalb von Europaschutzgebieten betroffen sind, sofern diese Auswirkungen auf die EU-Schutzgüter haben.
Es besteht im Natura 2000-Vertragsnaturschutzprogramm keine Beschränkung der finanziellen Unterstützung auf landwirtschaftliche Nutzflächen (wie im ÖPUL), auf reine Wiesenflächen (wie im BEP) oder auf forstwirtschaftlich genutzte Flächen (wie im BIOSA-Programm), sondern ist dieses flexibel auf alle Lebensräume und Strukturen anwendbar, die entweder EU-naturschutzrelevante Arten beherbergen oder selbst Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie darstellen.
Allgemeine Bedingungen
Analog zu bereits bestehenden Vertragsnaturschutzprogrammen (ÖPUL, BEP, BIOSA) gilt grundsätzlich das Prinzip der freiwilligen Teilnahme.
1.) Naturschutz (Partner) Vertrag
Eine finanzielle Abgeltungung für die Vertragsverpflichtungserfüllung im Rahmen des Natura 2000-Vertragsnaturschutzprogrammes erfolgt über ein offizielles Formular der Abteilung 13.
2.) Vertragspartner
Die Prämie steht jeweils dem Bewirtschafter der unter Vertrag stehenden Fläche(n) zu, d.h. Antragsteller ist daher immer der tatsächliche Bewirtschafter.
3.) Prämiensätze
Die Prämiensätze des Natura 2000-Vertragsnaturschutzprogrammes sind, mit Ausnahme von Wald- und Forstflächen, an die Prämiensätze der Maßnahme WF (Wertvolle Flächen) der ÖPUL-Naturschutzmaßnahmen angepasst, um eine Benachteiligung von Landwirten, welche eine finanzielle Unterstützung über das ÖPUL-Programm lukrieren können, zu vermeiden.
Es gelten daher Prämiensätze in der Höhe von mindestens € 218,- bis höchstens € 800,- /ha.
Die Höhe der Prämie setzt sich aus folgenden Kriterien zusammen:
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EU-naturschutzfachlicher Schutz- und Erhaltungswert der Fläche bzw. der Strukturen (Priorität der Schutzgüter)
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Bewirtschaftungsauflagen
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Ertragsentgang durch die erforderlichen Bewirtschaftungsmaßnahmen oder Verzicht
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Freiwillige längere Vertragsbindungszeitbindungszeit
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Duldungen
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Sonstige Aktivitäten auf der Fläche zum Erhalt oder zur Entwicklung der EU-Schutzgüter
Die genauen Bewirtschaftungsauflagen und Maßnahmen sind für das jeweilige EU-Schutzgut gezielt zu definieren.
Die Auszahlung der Prämie erfolgt in den Monaten November bzw. Dezember des jeweiligen Jahres.
Die Rückzahlung der erhaltenen Prämie hat bei unrichtigen Angaben, bereits erfolgte Abgeltung der Leistung über andere Programme bzw. Nichterfüllung der übernommenen Verpflichtungen binnen einer vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung festzusetzenden Frist zu erfolgen.
4.) Laufzeit
Die Laufzeit beträgt 5, 10 oder 20 Jahre.
5.) Kontrolle
Durch Mitarbeiter des Referates Naturschutz oder durch externe Kontrollore. Die Kontrolle findet mindestens einmal innerhalb der Vertragslaufzeit statt.
6.) Kennzeichnung der Fläche
Die unter Vertrag stehenden Flächen sind mittels „Biotop"-Tafeln zu kennzeichnen.
7.) Kündigung
Das Vertragsverhältnis kann von beiden Vertragspartnern vorzeitig gekündigt werden, wenn feststeht, dass die angestrebten Naturschutzziele trotz der gemeinsam festgelegten Bewirtschaftungsmaßnahmen nicht erreicht werden können. Die Kündigung hat schriftlich zu erfolgen und zwar mindestens 3 Monate vor dem Jahresende. Die Kündigung wird mit Ende des jeweiligen Jahres wirksam.
8.) Verpachtung
Eine Verpachtung der unter Vertrag stehenden Fläche(n) hat der Vertragspartner unmittelbar der Abteilung 13 mitzuteilen, als auch die Daten des Pächters als neuem Vertragspartner bekannt zu geben. Der Pächter hat der Abteilung 13 schriftlich mitzuteilen, dass er zu den gleichen Vertragsbedingungen in das neue Vertragsverhältnis einsteigt, diese kennt und vollinhaltlich übernimmt.
9.) Evaluierung
Gemäß Artikel 17 der FFH-RL ist der Europäischen Kommission alle 6 Jahre ein Bericht über die Durchführung der im Rahmen der FFH-RL durchgeführten Maßnahmen vorzulegen. Dieser Bericht enthält insbesondere Informationen über die gesetzten Erhaltungsmaßnahmen sowie die Bewertung der Auswirkungen dieser Maßnahmen auf den Erhaltungszustand der FFH-Schutzgüter. Weiters ist gemäß Artikel 12 der VS-RL der EK alle 3 Jahre ein Bericht über die Anwendung der aufgrund der VS-RL erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften zu übermitteln.
Aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmungen ist eine regelmäßige Evaluierung der vertraglich festgesetzten Maßnahmen und Bewirtschaftungsauflagen durchzuführen.
Die Evaluierung der gesetzten Maßnahmen wird einmal in 6 Jahren von faunistischen, floristischen oder vegetationsökologischen Spezialisten durchgeführt. Die Evaluierung sollte bestenfalls 1 Jahr vor Berichtlegung an die Europäische Kommission vorgenommen werden. Die im Rahmen der Evaluierung festgestellte ungünstige Entwicklung eines oder mehrerer EU-Schutzgüter aufgrund der vertraglich vereinbarten Bewirtschaftungsmaßnahmen bedingt die Möglichkeit einer Kündigung des Vertrages, da die EU-Naturschutzziele mit den vertraglich vereinbarten Bewirtschaftungsauflagen nicht zu erreichen sind.
Eine Abänderung der vertraglich vereinbarten Maßnahmen und Auflagen aufgrund der Evaluierungsergebnisse ist nur im gegenseitigen Einvernehmen möglich.
10.) Vom Antragsteller beizubringende Unterlagen
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Unterzeichneter Naturschutz (Partner) Vertrag
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Aktueller Katasterplan (2-fach)
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Aktuelles Grundstücksverzeichnis (2-fach)
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Zustimmungserklärung des Grundeigentümers in Pachtfällen
11.) Fristen
Abgabefrist für Vertragswerber: bis 28.02. jeden Jahres
Abgabefrist für die Verträge durch die Gutachter
an die Abteilung 13: bis 15.07. jeden Jahres
Geht die Initiative zum Abschluss von Verträgen im Rahmen des Natura 2000-Vertragsnaturschutzprogrammes von der Abteilung 13 aus gibt es keinen Fristenlauf!
12.) Wechselbeziehungen mit bestehenden Vertragsnaturschutzprogramm
Bewirtschaftungsauflagen oder Nutzungsverzichte, die auf der gleichen Fläche durch Maßnahmen bestehender Vertragsnaturschutzprogramme (ÖPUL, BIOSA, BEP) abgegolten werden, können nicht noch einmal durch das Natura 2000-Vertragsnaturschutzprogramm unterstützt werden.
Gesetzliche Grundlagen
Die beiden EU-Naturschutzrichtlinie, die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL, 92/43/EWG) und die Vogelschutz-Richtlinie (VS-RL, 79/409/EWG ersetzt durch 2009/147/EG), sind mit dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz 2017-StNSchG 2017, LGBl. Nr. 71/2017 umgesetzt.
Demnach sind einerseits, gemäß der FFH-RL, Maßnahmen zu treffen, die darauf abzielen, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse (Anhänge I und II der FFH-RL) zu bewahren oder wiederherzustellen und andererseits, gemäß der VS-RL, besondere Schutzmaßnahmen für die im Anhang I angeführten Vogelarten hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.
Um diese Maßnahmen umsetzen zu können, besteht neben hoheitlichen Unterschutzstellungen, erforderlichenfalls verbunden mit Entschädigungen gemäß § 32 StNSchG 2017, auch die Möglichkeit des vertraglichen Naturschutzes gemäß § 33 StNSchG 2017.
Demzufolge kann das Land zur Erreichung der angestrebten Schutzziele mit natürlichen oder juristischen Personen Vereinbarungen abschließen und Förderungen gewähren. Gegenstand solcher Vereinbarungen sind insbesondere Pflegemaßnahmen und Maßnahmen zur Verbesserung landschaftsökologischer Verhältnisse, in vielen Fällen auch die Unterlassung der Bewirtschaftung.